Der Shutdown des öffentlichen Lebens sowie der Corona-bedingte Einbruch bei den Inseraten hat den Umfang der Tageszeitungen massiv schrumpfen lassen. Doch sie werden auch nach der Pandemie kaum mehr ihr früheres Volumen erreichen, sagt ein Experte.

«Derzeit ist die tägliche gedruckte Zeitung auf dem Tisch ein Schatten früherer Zeiten. Und das ist auch begreiflich. Zum einen inseriert kaum mehr jemand, denn wozu Leute nach Produkten gieren lassen, die man nicht mal anbieten kann? Und zum anderen fallen ganze Themenbereiche wie Sport und Kultur weitgehend aus», konstatiert Stefan Millius, geschäftsführender Partner der Kommunikationsagentur Insomnia GmbH und der Ostschweizer Medien GmbH in St. Gallen gegenüber «persönlich».

Umfänge dürfte gering bleiben

Für ihn stellt sich aber die Frage, was von den Zeitungen nach der Korona-Krise zu erwarten ist: «Wird uns danach wieder ein satter Packen Papier präsentiert wie in den besten Zeiten? Ich wage die Prognose: Nein.»

Zum einen hätten sich die Leser nach einigen Wochen schon fast daran gewöhnt. Die Erwartungen seien also tief. Das biete den bereits vor der Corona-Krise gebeutelten Verlagen zum anderen die einmalige Chance, diese tiefe Erwartungshaltung zu nutzen und auf lange Sicht – dank tieferen Umfängen – Kosten zu sparen. Ein paar Seiten würden zwar sicherlich wieder dazukommen, doch werde es wohl eine Vor-Corona- und eine Nach-Corona-Ära in Sachen Zeitungsumfang geben.

Gedruckte Zeitungen sind nicht mehr rentabel

Millius begründet dies mit dem Wehklagen der Verlage, das schon lange vor dem Virus eingesetzt habe. Der Einbruch der Werbung, die hohen Produktions- und Verteilkosten sowie die billige Konkurrenz im Web würden gedruckte Zeitungen nicht mehr rentabel machen.

Seit längerem würden die Verlage die Leser warnen, dass die Zustellung von Montag bis Freitag nicht in Stein gemeisselt sei, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren etwas passieren müsse. Nun sei die Corona-Pandemie gekommen und biete die einmalige Gelegenheit, fast unbemerkt Leistung auf lange Sicht zu kürzen.

«Verübeln kann man das niemandem. Aber es liegt doch eine leichte Ironie darin, dass der völlige Zusammenbruch des Anzeigenmarkts nun dazu führen könnte, das zu begründen, was ja eigentlich vorher schon nötig gewesen wäre – was man aber nicht mit gutem Gewissen tun konnte», so Millius‘ Fazit.