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Folgt dem Unternehmen für ein gemeinsames Login ein gemeinsames Medienunternehmen?

Die grossen Schweizer Verlage planen offenbar ein Gemeinschaftsunternehmen für den Betrieb der Login-Allianz. Mitte Oktober 2019 sind die Verlage von NZZ, Ringier und Tamedia mit der Login-Allianz gestartet. Inzwischen herrscht Bezahlpflicht. Es drängt sich allerdings die Frage auf, ob der Login-Allianz nicht auch ein gemeinsames Medienunternehmen folgt.

Die Handelszeitung, die zu Axel-Springer gehört, verkündete am 20. November 2019, dass aus «handelszeitung.ch» die «HZ» geworden sei. Sie teilte weiter mit, dass auf HZ nicht nur Beiträge der «Handelszeitung»-Redaktion, sondern ab sofort alle Beiträge des Wirtschaftsmagazins «Bilanz» (Axel-Springer) sowie regelmässig Beiträge von «Cash» (Ringier) und der «Schweizer Versicherung» (Axel-Springer) zu finden seien. Überdies würden die Texte neu mit «HZ+» gekennzeichnet. Um diese zu lesen, müsse man sich registrieren. Inzwischen muss man dafür auch bezahlen.

TX Group fokussiert sich künftig auf das Geschäft mit Daten

Eine Woche später verkündete die Verlagsgruppe Tamedia, dass unter dem Dach der ‘TX Group’ auf den 1. Januar 2020 eine dezentrale Organisation mit vier weitgehend eigenständigen Unternehmen entstehen würde. Dies sei ein «Abschied auf Raten vom publizistischen Geschäft», erklärten Beobachter daraufhin. Denn die TX Group will sich stattdessen künftig auf das Geschäft mit Daten fokussieren.

CH Media wird zum stärksten Akteur im Schweizer Privatfernsehen

Auch CH Media scheint sich vom Zeitungsgeschäft zunehmend zu verabschieden. Das Joint-Venture zwischen AZ Medien und NZZ-Regionalmedien nahm am 1. Oktober 2018 den Betrieb auf. Im Oktober 2019 dann übernahm CH Media die 3 Plus Group, bestehend aus den Sendern 3+, 4+, 5+ und 6+. CH Media unterhält damit die im Mittelland aktiven Regionalsender Tele Züri, Tele M1, Tele Bärn, TVO und Tele1; die Deutschschweizer Sender TV24, TV25 und S1 sowie neu die Kanäle 3+, 4+, 5+ und 6+. Mit den Regionalsendern ist CH-Media zum wichtigsten Regional-TV-Anbieter geworden. CH Media will in diesem Bereich auch weiter investieren und hofft, dass die TV-Senderkette im hart umkämpften Markt dank der Fusion «stark genug» sei. Es ist ihr Ziel, SRF zwei bei den Marktanteilen einzuholen.

Gemeinschaftsunternehmen für eine Login-Allianz entsteht

Ende Dezember 2019 berichtete die Nachrichtenagentur SDA, dass die grossen Schweizer Verlage ein Gemeinschaftsunternehmen für den Betrieb der Login-Allianz planen würden, wobei die separate Registrierung pro Verlag beim Einstieg in ein Newsportal durch ein einmaliges Einloggen über alle Verlage hinweg abgelöst werden solle. Laut «persoenlich.com» sei die Umstellung auf ein einheitliches Medien-Login für Herbst 2020 geplant, parallel zur Einführung einer Registrierungspflicht sowie einer einheitlichen Lösung für die Einwilligung zur Datennutzung, so die SDA.

Ringier übernimmt die Vorreiterrolle

Die Initiative für eine Login-Allianz war offenbar vor gut einem Jahr vom Ringier-Verlag ausgegangen mit dem Ziel, weltweit tätigen Konzernen wie Google und Facebook Paroli zu bieten, wie Medien berichteten. Der Allianz schlossen sich zunächst CH Media, die NZZ und Tamedia an. Inzwischen sollen aber auch kleinere Verlage wie etwa die Schaffhauser Nachrichten ihr Interesse daran bekundet haben.

Wir erinnern uns: Ringier ist 2016 das Joint-Venture ‘Ringier Axel Springer Schweiz AG’ eingegangen. Es wurde zum grössten Zeitschriftenhaus der Schweiz mit mehr als 30 Titeln. Die Axel Springer SE in Deutschland wiederum wurde 2019 von der US-Beteiligungsgesellschaft Kohlberg Kravis Roberts (KKR) übernommen. Dazu gab die EU-Kommission am 13. November 2019 grünes Licht. Die Vereinbarung zwischen Axel Springer SE und dem US-Investor war am 12. Juni 2019 bekannt gegeben worden. Nun folgen harte Kosteneinsparungen. KKR plant, den Konzern umzustrukturieren und die Anteile nach etwa fünf bis sieben Jahren mit Gewinn weiter zu verkaufen.

Weitere Allianzpartner werden gesucht

In der Schweiz bemühen sich die Login-Allianzpartner derweil, weitere Allianzpartner an Bord zu holen. Am 3. Dezember gab es bei Tamedia eine Präsentation vor 35 Verlagsmanagern aus der Deutschschweiz und dem Tessin. Eine weitere Veranstaltung fand kürzlich in der Romandie statt. Auch die SRG sei interessiert, was in politischen Kreisen jedoch auf Skepsis stosse, berichtet die SDA.

Entsteht ein gemeinsames Medienunternehmen?

Angesichts dieser Entwicklungen drängt sich die Frage auf, ob sich die Verlage längerfristig nicht vielleicht aus dem zunehmend ertragsschwachen News-Business verabschieden und den redaktionellen Teil ihres Geschäfts an ein Gemeinschaftsunternehmen abtreten wollen. Dieses würde dann sicherlich «kosteneffizienter» gestaltet.

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«Der Fokus liegt in einem ersten Schritt auf textlichen Angeboten»

Am 15. Oktober 2019 starten die Verlage von NZZ, Ringier und Tamedia mit der Login-Allianz. «persoenlich.com» hat mit Vertretern der Verlage gesprochen und sie zu den Einzelheiten des Projektes «Diamond» befragt.

Die Login-Allianz heisst mit Arbeitstitel Projekt ‘Diamond’. Ziel dieses Projektes das Mitte Oktober startet ist, dass jeder der Verlage in einem ersten Schritt ein «freiwilliges Login» installiert, womit sich seine Leser registrieren müssen, um die diversen Produkte konsumieren bzw. lesen zu können. Dazu werde im Hintergrund jetzt in allen beteiligten Verlagen auf Hochtouren gearbeitet.

Ringier verbindet mit dem freiwilligen Login eine Kommunikationskampagne

Wie Patrick Rademacher von Ringier gegenüber «persoenlich.com» erklärt, planten sie, auf ungefähr 20 Marken der Deutschschweiz ein Overlay auszuspielen, mit dem sie die Nutzer bitten würden, sich einzuloggen. Die Anmeldung sei freiwillig. Nutzer, die das nicht wollten, können das Overlay einfach wegklicken. Ringier verbinde die Registrationsaufforderung zudem mit einer Kommunikationskampagne, in der sie erklärten, warum es dieses Login brauche. Auf dieser freiwilligen Basis hofften sie, mit der Botschaft einen guten Teil der Nutzer zu erreichen.

Personalisierung ist für Ringier – und die Leser? – ein Mehrwert

Im Zentrum der Kampagne steht für Ringier ein Mehrwert durch Personalisierung. Das könne die Personalisierung der journalistischen Angebote sein und auch die Personalisierung von Werbung, sagt Rademacher.

Eine Paywall ist eine Frage des Geschäftsmodells

Einen Schritt Richtung Paywall will Rademacher nicht bestätigen: Eine Paywall sei Frage des Geschäftsmodells. Damit habe die Allianz nichts zu tun, denn der «Blick» oder «20 Minuten» verfolgten ein anderes Geschäftsmodell als etwa die «Neue Zürcher Zeitung». Die Allianz wolle ein Bewusstsein dafür schaffen, warum es ein Login brauche.

Aktuell gebe es von ihrer Seite aus auch keine Pläne, die Abonnementsverwaltung zu vereinheitlichen und zu vereinfachen, sagt Rademacher. Für die Nutzer könne das aber durchaus ein interessanter Ansatz sein.

Zentraler Punkt für das Gelingen ist, dass alle Medien mitmachen

Wie Marcel Kohler von Tamedia erklärt, wünschten sie sich natürlich, dass möglichst viele Medienunternehmen dabei seien. Laut ihren Berechnungen machten die an der Allianz beteiligten Medienunternehmen zusammen 90% des Schweizer News Traffics aus. Darüber seien sie froh. Eingeladen seien natürlich alle.

Sobald die Registrationspflicht kommt, gilt sie für alle Angebote der Allianz

Auf die Registrationspflicht für Blick TV und Bewegtbilder ab Herbst 2020 angesprochen erklärt Rademacher, dass zuerst die freiwillige Phase gelte, auch für Blick TV. Sobald die Registrationspflicht aber komme, gelte diese für alle Angebote der Allianz. Zu definieren sei noch, wie konkret die Registrationspflicht aussehe, also beispielsweise ab dem wievielten Klick.

Und was ist mit FM1 Today, TVO und den Online-TV-Plattformen wie TeleZüri oder TeleBärn?

Andreas Bossecker von der NZZ erklärt, dass der Fokus im ersten Schritt auf textlichen Angeboten liege. Was in späteren Schritten möglich sei, werde die Zukunft zeigen. Sie seien nun zusammen in dieser Zusammensetzung Ringier, Tamedia, CH Media, NZZ und SRG gestartet. Und sie seien in Gesprächen mit den beiden Schweizer Verlegerverbänden VSM und Médias Suisses, denn wie Marcel Kohler gesagt habe, sie ihre Allianz offen für alle interessierten Medien.

Der Nutzen der gewonnen Daten würde einen Traffic-Rückgang mehr als kompensieren

Auf einen möglichen Traffic-Einbruch angesprochen meint Kohler, dass sie nicht damit rechnen würden. Sollte das trotzdem passieren, glaubten sie, dass der Nutzen der durch das Login gewonnen Daten diesen Rückgang mehr als kompensieren werde. Für «20 Minuten» gebe es noch eine andere Erkenntnis aus den Erfahrungen mit den Adblockern, die Kohler zuversichtlich stimmt: Etwa 20% der User hätten einen Adblocker installiert gehabt. Nach der Aufforderung, diesen zu deaktivieren, hätten das sehr viele getan.

Man blicke aber auch auf andere Länder, in denen es bereits ähnliche Allianzen gebe. Beispielsweise in Deutschland, Frankreich und auch in Portugal sei das der Fall, wobei vor allem Portugal schon sehr weit sei. Dort gebe es bei deren Allianz-Teilnehmern eine Login-Pflicht. Nach dem zweiten Artikel könne niemand weiterlesen, ohne sich vorher registriert zu haben. Interessant sei, dass der Rückgang auf Ebene der Page Views sich dort ihrer Information zufolge im einstelligen Prozentbereich bewege.

Verlage müssen die technischen Installationen selbst aufbauen

Sollten kleine Plattformen dabei sein wollen, müssten sie die technische Installation, das sogenannte Onboarding, selbst aufbauen. Die Allianz verlange aber weder Geld noch einen Mitgliederbeitrag, sondern versuche, die Teilnahme möglichst einfach zu machen.

Ein einheitliches Medien-Login soll in einem weiteren Schritt folgen

In einem nächsten Schritt ist dann eine einheitliche Infrastruktur erforderlich: Ein übergreifender Single Sign On. Für die Nutzer sei das sicherlich attraktiv, im Sinne eines einheitlichen Medien-Logins. Doch wie genau das aussehen werde, dazu gebe es noch keinen definitiven Entscheid.

Jedes Medium wird seine eigenen Daten verbessern können

Für die Personalisierung der Inhalte und der Werbung verwende jedes Unternehmen seine eigene Software, wie Rademacher weiter erklärt. Alle Startpartner der Allianz würden bereits über eine solche Software verfügen.

Auch einen gemeinsamen Datentopf gebe es nicht, betont Rademacher. Die Diamond-Allianz sei also auch keine Tracking-Allianz, wie das in Social Media bereits behauptet worden sei, denn es gebe kein übergreifendes Tracking.

Jedes Medium werde so seine eigenen Daten verbessern können, wirft Bossecker ein. Somit werde auch Tamedia die eigenen Daten verbessern, und damit diejenigen von Goldbach für Targeted-TV-Ads, bestätigt Kohler. Sie hätten jedoch keinen Zugriff auf die Daten der NZZ oder diejenigen von Ringier.

Cookie-Thematik sei für den Werbemarkt ein grosses Thema

Und was verbessert sich für die Werbeauftraggeber? Laut Bossecker mache man sich noch nicht so viele Gedanken darüber, wie man die Daten verwerten und welche neuen Angebote man dem Werbemarkt machen könne.

Die Cookie-Thematik sei für den Werbemarkt ein grosses Thema, ergänzt Rademacher. Vor ein paar Tagen habe Firefox mit der neuen Version seine Einstellungen verändert. Dadurch seien in Deutschland die Programmatic-Umsätze offenbar um 15% zurückgegangen. Wenn also nur ein einziger Browser eine kleine Veränderung vornehme, breche bereits Panik aus.

Somit stehe die ganze Branche vor der Frage, wie man mit dem Bedeutungsverlust der Third-Party-Cookies umgehe. Ein zweites Thema sei, dass man dadurch, dass die Leute so viele Endgeräte hätten, gar nicht erkennen könne, wann ein User mit unterschiedlichen Geräten auf die gleiche Website zugreife.

Duch das Login lässt sich die Häufigkeit der Werbeeinblendungen regulieren

Ein Login ermögliche es aber zu erkennen, wenn die gleiche Person in der Früh via Smartphone, tagsüber via Desktop und abends via Tablet auf eine Newsseite zugreife, ergänzt Rademacher. Dies ermögliche es ihnen, durch den sogenannten Frequency Cap (dt. Deckelung der Frequenz) die Häufigkeit der Werbeeinblendungen zu regulieren. Sie könnten damit sicherstellen, dass eine Werbebotschaft einem Nutzer beispielsweise nur fünf Mal zugespielt werde. So werde verhindert, dass ein Nutzer mit ein- und derselben Werbebotschaft bombardiert werde.

Das ganze Interview lesen Sie hier.

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