Die Handelszeitung verkündete am 20. November 2019, dass aus «handelszeitung.ch» die «HZ» geworden sei. Sie teilte weiter mit, dass auf HZ nicht nur Beiträge der «Handelszeitung»-Redaktion, sondern ab sofort alle Beiträge des Wirtschaftsmagazins «Bilanz» sowie regelmässig Beiträge von «Cash» und der «Schweizer Versicherung» zu finden seien. Überdies würden die Texte neu mit «HZ+» gekennzeichnet. Um diese zu lesen, müsse man sich registrieren. Wir erinnern uns: Am 15. Oktober sind die Verlage von NZZ, Ringier und Tamedia mit der Login-Allianz gestartet. Noch ohne Bezahlpflicht…

Was ist geschehen? Die Medien um Ringier Axel Springer Schweiz werden zusammengelegt, zumindest im Online-Bereich. Doch rollen wir die Geschichte von hinten auf, und konzentrieren wir uns zunächst auf das deutsche Verlagshaus Axel Springer und seine Entwicklung in der Schweiz.

Der Axel Springer Verlag entsteht

Im Jahr 1946 gründeten Axel Springer und sein Vater, der Verleger Hinrich Springer, den Axel Springer Verlag in Hamburg, zunächst als eine GmbH. Der Verlag wurde 1970 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

Springer weitete 1959 seine Beteiligung am Ullstein Verlag, der in Berlin domiziliert war, zur Aktienmehrheit aus. Der Verlag errichtete 1966 das Axel-Springer-Hochhaus als seinen Hauptsitz, direkt an der Berliner Mauer in Berlin-Kreuzberg.

Beim Börsengang 1985 verkaufte Axel Springer 49,23% der Verlagsanteile. Axel Springer starb am 22. September 1985. In der Folge erwarb der Medienunternehmer Leo Kirch einen Aktienanteil in Höhe von 10% an dem Unternehmen, den er 1992 auf 26% erhöhte und im Juni 1993 erneut auf dann insgesamt 40% aufstockte.

Die Dachgesellschaft der Verlagsgruppe Handelszeitung wird übernommen

Rückwirkend auf den 01.01.1999 übernahm die Axel Springer Verlag AG, eine 100prozentige Tochtergesellschaft in der Schweiz, die Mehrheit des Aktienkapitals der Handelszeitung und Finanzrundschau AG Zürich, der Dachgesellschaft der schweizerischen Verlagsgruppe Handelszeitung. Die Verlagsgruppe Handelszeitung umfasste damals die Handelszeitung, das Anlegermagazin Stocks, TV Digital Schweiz sowie sechs weitere Fachzeitschriften, darunter die Schweizer Bank und die Schweizer Versicherung, ebenso wie Konferenzaktivitäten. Die Verlagsgruppe Handelszeitung erzielte 1998 einen Umsatz von ca. 24 Millionen Franken.

19.4% der Springer-Verlagsanteile gehen an eine US-Private-Equity Gruppe

Nach angemeldeter Insolvenz der Kirch-Gruppe wurde das Kirch-Aktienpaket in Höhe von 40% zunächst von der Deutschen Bank und Friede Springer, Springers Witwe, übernommen. Der Aktienbesitz der Deutschen Bank wurde 2003 an die US-Private-Equity Gruppe Hellman & Friedman (für 350 Mio. Euro, 19,4%) und an Friede Springer verkauft. Die Witwe des Verlagsgründers hielt damit die einfache Mehrheit der Anteile an der Aktiengesellschaft.

2003 beschlossen die Aktionäre unter anderem eine Umfirmierung des Unternehmens in Axel Springer AG.

Die Jean Frey AG mit der Bilanz wird übernommen

Mit Wirkung zum 1. Januar 2007 übernahm die Axel Springer AG, Berlin, 99.5% des Aktienkapitals der Jean Frey AG, Zürich, vom damaligen Hauptaktionär Dr. Tito Tettamanti. Der vereinbarte Kaufpreis beruhte auf einem Unternehmenswert von 140 Millionen Franken. Die Jean Frey AG war Herausgeberin der Konsumenten- und Beratungszeitschrift Beobachter, der TV-Zeitschrift TV STAR sowie der Wirtschaftszeitschrift Bilanz. Sie verfügte zusätzlich über einen Dienstleistungsbereich für Fachmedien. Im Jahre 2006 erzielte das Unternehmen rund 70 Millionen Franken Umsatz.

Im Zuge der internationalen Finanzkrise gab die Axel Springer AG im Dezember 2008 bekannt, dass alle Veranstaltungen im Jahr 2009 abgesagt würden. Der Verlag wolle mit der Sparmassnahme Entlassungen verhindern.

Axel Springer und Ringier gründen eine gemeinsame Holding

Am 23. März 2010 gaben die Axel Springer AG und das grösste Schweizer Medienhaus Ringier AG die Absicht zur Gründung einer gemeinsamen Holding-Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich bekannt, an der beide Unternehmen zu je 50% beteiligt seien. Das Unternehmen sollte in drei bis fünf Jahren an die Börse gehen. Es sollte die Aktivitäten der beiden Konzerne im mitteleuropäischen Markt bündeln. Die Axel Springer AG brachte das Geschäft seiner Tochtergesellschaften in Polen, Tschechien und Ungarn ein, Ringier sein Geschäft in Serbien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn.

Am 2. Dezember 2013 gab die Axel Springer AG die Umwandlung von einer AG in eine Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea/SE) bekannt. Der Verlag begründete diesen Schritt damit, dass «die neue Rechtsform … die europäische und internationale Marktausrichtung des Unternehmens unterstreichen und erleichtern» sollte.

Die Ringier Axel Springer Schweiz AG entsteht

2015 wurde die Zeitschrift Beobachter als Teil von Axel Springer Schweiz in ein neu gegründetes Joint-Venture zwischen der Ringier AG und der Axel Springer Schweiz AG eingebracht.

Am 1. Januar 2016 nahm das Joint-Venture Ringier Axel Springer Schweiz AG formell seine Geschäftstätigkeit auf. Es ist nun das grösstes Zeitschriftenhaus der Schweiz und produzierte 2016 mit mehr als 30 Titeln einen Umsatz von 300,0 Millionen Franken.

Verkäufe sollen Axel Springer Geld einbringen

Im April 2016 begann die Axel Springer SE mit dem Bau eines neuen Verlagsgebäudes auf einem rund 10’000 m² grossen Grundstück, direkt neben dem Axel-Springer-Haus. Laut Springer sollte die aussergewöhnliche Architektur nicht nur für die Zukunft des Arbeitens stehen, sie sollte auch ein Symbol für die digitale Transformation von Axel Springer sein. Die Grundsteinlegung fand am 2. Mai 2017 statt. Das dreizehngeschossige Bürogebäude sollte mit einer Gesamtmietfläche von 52’000 m² rund 3’500 Mitarbeitern als Arbeitsplatz dienen. Im Juli 2017 wurde bekannt, dass Springer die Immobilie für 425 Millionen Euro an den norwegischen Staatsfonds, die Norges Bank Real Estate Management, verkauft hat.

Cash Zweiplus mit cash.ch wird übernommen

Am 24. Oktober 2018 kündigte Ringier an, dass Ringier Axel Springer Schweiz, die auch Herausgeberin der Handelszeitung ist, Cash Zweiplus übernehme und damit das Wirtschafts- und Finanzportal cash.ch. Gleichzeitig schlossen die Ringier Axel Springer Schweiz AG und die Bank Zweiplus einen langfristigen Zusammenarbeitsvertrag ab. Das Bankkundengeschäft wurde aus Cash Zweiplus ausgegliedert und ging wieder an die Bank über. Bis dorthin war Cash Zweiplus ein Joint-Venture der Ringier AG und der Bank Zweiplus gewesen.

Die US-Beteiligungsgesellschaft KKR übernimmt Axel Springer SE

Am 12. Juni 2019 gab die Axel Springer SE den Abschluss einer Vereinbarung mit der US-Beteiligungsgesellschaft Kohlberg Kravis Roberts (KKR) bekannt. Darin kündigt KKR ein freiwilliges Übernahmeangebot in Höhe von 63 Euro je Aktie an, welches das Unternehmen mit 6,8 Milliarden Euro bewertet. Insgesamt nahm KKR somit rund 2,96 Milliarden Euro in die Hand und hält damit künftig 43,54%. Friede Springer kommt etwa auf 42,6% und Konzernchef Mathias Döpfner auf rund 2,8%. Die Springer-Enkel Ariane und Axel Sven Springer hielten bisher knapp 10% und haben davon jetzt 3,7% an KKR verkauft. Weil dadurch der Streubesitz auf knapp 4% fiel, musste die Aktie am 29. August 2019 den Börsenindex MDAX verlassen. Die EU-Kommission gab für die geplante Partnerschaft zwischen dem Axel-Springer-Verlag und KKR am 13. November 2019 grünes Licht.

Es folgen Umstrukturierungen und Kosteneinsparungen

KKR plant, den Konzern umzustrukturieren und nach etwa fünf bis sieben Jahren die Anteile mit Gewinn weiter zu geben. Nun ist also ein harter Sparkurs angesagt.

Wie Konzernchef Mathias Döpfner gegenüber Medien erklärte, will sich Axel Springer SE in den kommenden Monaten auf die Umsetzung der Wachstumsstrategie konzentrieren, die der Konzern weiter beschleunigen will. Der Konzernchef hat wiederholt betont, dass man mit KKR «Chancen nutzen wolle, um im digitalen Journalismus und im Geschäft mit Kleinanzeigen im Internet zu wachsen.» Klar ist auch, dass man die verschiedenen Beteiligungen zu Gewinnen führen muss.

Bezahlpflicht für die Schweizer Plattform «HZ» hilft die Einnahmen zu steigern

Eine Massnahme, um die Einnahmen zu steigern, ist sicherlich die Einführung einer Bezahlpflicht. Wie Nina Ranke, Leiterin Wirtschaftsmedien bei Ringier Axel Springer Schweiz, gegenüber «persoenlich.com» bestätigte, wird ein Grossteil etwa der Bilanz-Artikel künftig bezahlpflichtig sein. Die Einführung der Registrierwall auf der Plattform «HZ» etwa für bilanz.ch und handelszeitung.ch in den letzten Wochen sei ein erster Schritt in diese Richtung gewesen. Als nächsten Schritt plane Ringier Axel Springer Schweiz, mit der Erscheinung der Ausgabe der ‘300 Reichsten’ die Kostenpflicht für ausgewählte Artikel auf «HZ» einzuführen. «Wir sind der Meinung, dass die hohe journalistische Qualität von Bilanz und Handelszeitung einen Preis haben muss, nicht nur in der Print-, sondern auch in der digitalen Welt», zitiert persoenlich.com Ranke.

Alles nur noch aus einer Redaktion?

Die Zusammenführung der verschiedenen Medienprodukte und Domains auf der HZ-Plattform, deren Beiträge dann auch mit «HZ» gezeichnet werden, sei «ein erster Schritt, dem weitere folgen werden», so Ranke weiter. Mehr habe Ranke derzeit aber nicht sagen wollen, berichtet persoenlich.com. Weitere News dazu gebe es erst Anfang 2020.

Laut Ranke entspricht man mit dem Angebot dem veränderten Nutzerverhalten in der digitalen Welt und schafft die grösste Wirtschaftsplattform der Schweiz. Man wolle den Nutzern künftig alle relevanten Informationen zum Thema Wirtschaft aus einer Hand bieten, habe Ranke gesagt. Mit Sparmassnahmen habe das aber nichts zu tun, ebenso wenig mit der Login-Allianz der verschiedenen Verlage. Nein nein, man plane sogar, die redaktionellen Kapazitäten noch aufzustocken, um das beste digitale Angebot im Bereich Wirtschaft zu bieten.

Stattdessen würden die Beiträge auf der Plattform HZ einem weitaus grösseren Publikum zugeführt. Ausserdem sei die Zusammenarbeit keineswegs neu. Auch auf den separaten Websites zuvor seien Inhalte unterschiedlicher Marken ausgespielt worden, da sie inhaltlich unterschiedliche Schwerpunkte setzten, die sich optimal ergänzten.

Printprodukte sind von der Zusammenführung nicht betroffen

Von der Zusammenführung der digitalen Angebote nicht betroffen sind die Printmedien. Wie persoenlich.com berichtet, fokussiere man sich bei der Marke Bilanz künftig noch stärker auf die Printpublikation, da man überzeugt sei, dass die Bilanz ihre ohnehin starke Stellung noch weiter ausbauen könne. Beide Marken – Bilanz und Handelszeitung – hätten ihre eigenen Redaktionen, die dort kooperieren würden, wo es Sinn mache. «Im Digitalen besteht schon seit geraumer Zeit ein gemeinsames Redaktionsteam. Dieses wird sich im Sinne der Konvergenz in Zukunft sicherlich noch stärker mit den Printredaktionen verknüpfen», so Ranke abschliessend.

Online überflügelt Print

Tatsächlich aber überflügelt Online Print. Die Bilanz erreichte laut der Total-Audience-Herbststudie 2019 mit dem Printmagazin 166’000 Leserinnen und Leser – online waren es 176’000 Nutzerinnen und Nutzer, wie persoenlich.com berichtet. Die Handelszeitung hatte 74’000 Printleser und 79’000 Onlinenutzer.